15 Jahre Erfahrung – Nähe im Alltag
In den letzten 15 Jahren habe ich wunderbare Jahre in der belebten Stadt Hamburg als Sozialarbeiterin gearbeitet. Ich habe viele Menschen in ihrem Alltag begleitet, sie motiviert, ihre Angelegenheiten zu organisieren und stabilisierende Gespräche geführt. Durch ein wenig Organisation habe ich Struktur und Leichtigkeit in das Leben anderer gebracht, manchmal einfach nur mit einem offenen Ohr für die Herausforderungen, die wir alle so zu meistern haben.
Was Sozialarbeit wirklich leistet
Sozialarbeit ist wertvoll. Sie setzt ganz pragmatisch bei den individuellen Themen jedes Einzelnen an und schaut, was gerade benötigt wird, um das Leben ein wenig sorgenfreier zu gestalten. Auch unterstützt sie Menschen in belastenden Lebenslagen. Und manchmal braucht es einfach eine professionelle Person an der Seite, die hilft, das Gedankenchaos zu sortieren, Struktur hineinzubringen und mit einem gemeinsam die nächsten Schritte anzugehen.
Zwischen Anträgen, Belastung und Bürokratie
Gerade Menschen mit mentalen Belastungen oder mit begrenztem Einkommen stehen oft vor der Herausforderung, trotz eigener Kraft und Job viel mit Unsicherheit und finanziellen Sorgen leben zu müssen. Ein zentraler Teil der Arbeit ist dabei auch die Hilfe im Umgang mit Ämtern.
Sozialarbeiter:innen beraten auch darin, wie das Leben durch staatliche und finanzielle Leistungen erleichtert werden kann. Sie begleiten darin, zu recherchieren, welche Ansprüche geltend gemacht werden können, helfen bei der Kommunikation mit Behörden und unterstützen dabei, finanzielle oder soziale Leistungen zu beantragen.
Sie schaffen Orientierung im oft komplexen System staatlicher Hilfen und stärken Menschen darin, ihre Rechte wahrzunehmen. Unterstützung bei der Antragstellung und im Umgang mit Ämtern kann hier einen echten Unterschied machen. Hin zu mehr Stabilität, Selbstwirksamkeit und innerer Ruhe. Dabei steht immer im Mittelpunkt der Sozialarbeit, das Leben konkret und pragmatisch zu erleichtern.
Wenn Nähe zur Erschöpfung führt
Diese Arbeit ist unersetzbar und sehr wichtig. Doch es ist nach einer Weile auch sehr zeit- und kräftezehrend, wenn sie ausschließlich in direkter Begegnung stattfindet. Ich habe in meinem sozialarbeiterischen Umfeld wahrgenommen, dass Menschen eher bequem werden, wenn sie eine Person an ihrer Seite haben, die alle Aufgaben für sie übernimmt. Das kann für die begleitende Person über einen langen Zeitraum sehr anstrengend werden.
Es häufen sich Krankschreibungen. Viele Sozialarbeiter:innen machen diese wertvolle Arbeit so lange, bis sie selbst merken, dass sie sich selbst vergessen haben, was letztendlich zu einem Burnout führen kann und in vielen Fällen auch führt. Das ist natürlich abschreckend, gerade für die jüngere Generation, die gerade ihr Sozialarbeitsstudium beendet hat.
Der digitale Weg – neue Räume, neue Möglichkeiten
Wenn sich Sozialarbeit digital weiterentwickelt und die Menschen dort abholt, wo sie gerade sind – nämlich am Bildschirm –, und wenn Beratung sowohl online als auch persönlich stattfinden kann, entstehen neue Räume. Räume, die auch für junge Kolleg:innen attraktiv sind. Räume, die neue Flexibilität und gleichzeitig Stabilität für alle Beteiligten ermöglichen. Mehr glückliche, flexible Sozialarbeiter:innen – viele zufriedene Klient:innen, die niedrigschwellige Hilfen direkt nutzen können.
Mein Weg zurück – aus dem Burnout zur neuen Klarheit
Auch ich habe vor zehn Jahren mit einem Burnout gekämpft und diese Zeit fur mich genutzt, um wieder mehr zu mir selbst und meinen Bedürfnissen zu finden. Nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt stand ich erneut vor der Frage, ob diese Arbeit in dieser Form noch die richtige für mich ist.
Corona hat uns gezeigt, wie viel digital möglich sein kann.
Und so habe ich für mich erkannt, dass ich meine Arbeit, meine Berufung, meine Leidenschaft auch online weiterführen kann, um Menschen weiterhin empathisch begleiten zu können. Die digitale soziale Arbeit leistet an dieser Stelle eine wertvolle Ergänzung zu der herkömmlichen Face-to-Face-Begleitung.
Digitale Sozialarbeit als Ergänzung und Entlastung
Die digitale soziale Arbeit kann Menschen auch auffangen, die gerade in einer akuten Krise sind, dringend einen Antrag auf finanzielle Leistungen online stellen wollen oder auf eine Bewilligung warten. Auch wenn bei den Trägern vor Ort zu wenig Unterstützung verfügbar ist oder Aktivitäten in Webinaren angeboten werden, kann dies Kolleg:innen, die oft an ihre Grenzen kommen, direkt entlasten.
Was durch ein Gespräch entstehen kann
Ich erlebe in der digitalen Sozialen Arbeit, dass durch Gespräche, das Sortieren von Themen und das Strukturieren von Aufgaben oft ganz neue Klarheit entsteht. Und mit dieser Klarheit kommt auch wieder mehr Motivation. Wenn Menschen anfangen, ihre To-dos anzugehen und merken, dass sie etwas schaffen können, entsteht ein echtes Glücksgefühl. Das Selbstvertrauen wächst und es entsteht Eigenverantwortung. Das kann sehr empowernd sein.
Picture: happy meeting on computer two persons
Nähe trotz Distanz – ganz einfach am Bildschirm
Besonders online kann eine große Nähe entstehen, trotz oder vielleicht gerade wegen der Distanz. Menschen können einfach ihren Computer anschalten, ohne Aufwand, ohne Druck. Ein kurzes Gespräch reicht manchmal schon, um wieder ins Handeln zu kommen oder einfach ein bisschen mehr Ruhe im Kopf zu haben. Diese digitalen Begegnungen am Bildschirm können an dieser Stelle zu einem wertvollen Anker im Alltag werden.
Manchmal reicht schon ein kleiner Schritt
Und manchmal braucht es gar nicht viel – vielleicht nur ein paar Gespräche, um gemeinsam einen Antrag auf eine finanzielle Leistung zu stellen oder beim Sortieren der herausfordernden Themen ein wenig Leichtigkeit und Ruhe ins eigene Leben zu bringen.